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Die Chymische Hochzeit als Mystifikation

Unterprojekt von Prof. Dr. Volkhard Wels


Im Mittelpunkt des Unterprojektes steht Johann Valentin Andreaes Chymische Hochzeit Christiani Rosenkreutz Anno 1459 (Druck 1616). Dieser Text – der Begriff ‚Roman‘ sollte aufgrund seiner ahistorischen Konnotationen vermieden werden – gilt in vielen Darstellungen als verschlüsselte Darstellung von Heilswahrheiten, mystischen Erfahrungen oder gar als Ausdruck göttlicher Offenbarungen. Schon wenige Jahre nach seiner Publikation wurde er als verschlüsselte Darstellung jenes (al)chemischen Prozesses gedeutet, der zum Stein der Weisen führt. In zahlreichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen gilt er als Ausdruck von Mystik oder wird im Sinne spiritualistischer Frömmigkeit verstanden. Ziel des Unterprojektes ist dagegen – im Sinne des Forschungsprogrammes des SFB – die wissensgeschichtliche Einbettung dieses Textes in die Literatur und (Al)Chemie der Zeit. Durch die Aufarbeitung dieses historischen Kontextes, durch Nachweis von Quellen und Parallelen, soll die Chymische Hochzeit insgesamt als Rätselbuch sichtbar werden, als Ausdruck einer zeitgenössischen Faszination von jeder Art von Rätsel, als „Spielerei“ (ludibrium) mit den Bildwelten der (Al)chemie. Die Hypothese lautet deshalb, dass wir es bei der Chymischen Hochzeit nicht mit Mystik zu tun haben, sondern mit Mystifikation als dem bloßen Anschein, es verberge sich hinter den Chiffren des Textes ein irgendwie höheres, irgendwie geheimnisvolles Wissen.