Springe direkt zu Inhalt

Die Konfiguration der Logos-Theologie in der Lehre von der „Unnachahmlichkeit des Koran“ (iʿǧāz al-qurʾān). Ein synoptischer Vergleich islamischer und byzantinischer Theologie des neunten Jahrhunderts

Unterprojekt von Hans-Peter Pökel

Das Unterprojekt analysiert die Verflechtungen zwischen der „Lehre von der Unnachahmlichkeit des Koran“ und der christlichen Logos-Theologie. Anhand eines Vergleichs der Werke eines Vertreters islamischer und des frühesten Vertreters einer christlichen Theologie in arabischer Sprache wird der epistemische Wandel eines christlichen Theologumenons untersucht. Dabei wird die frühe Herausbildung und Entwicklung der so genannten „Lehre von der Unnachahmlichkeit des Koran“ im neunten Jahrhundert in den Blick genommen. Bei dieser Lehre handelt es sich religionsgeschichtlich um keine Selbstverständlichkeit, denn was für die spätere islamische Theologie so grundlegend geworden ist, dass der Koran nicht nur unter theologisch-semantischen, sondern auch unter ästhetisch-rhetorischen Gesichtspunkten das Wort Gottes ist, besitzt keine Entsprechung in den Vorgängertraditionen.

Die bereits für das spätere achte oder den Beginn des neunten Jahrhunderts anzunehmende theologische Entwicklung dieser Lehre, die erst in den Schriften späterer Philologen und Theologen (wie z. B. ar-Rummānī (gest. 384/996), al-Bāqillānī (gest. 403/1031) und al-Ǧurǧānī (gest. 471/1078)) argumentativ untermauert wurde, wird im Unterprojekt in den Kontext theologischer Debatten um die Erschaffenheit oder Unerschaffenheit des Koran gestellt, die ältere Denkmuster, vor allem den Streit um die Naturenlehre Christi, widerspiegeln. In diesem Zusammenhang forderte die „Lehre von der Erschaffenheit des Koran“ gar zu überkonfessionellen Reaktionen heraus, wie die von Theodor Abū Qurra (gest. 820/830), Bischof von Ḥarrān, der in der „Erschaffenheit des Koran“ eine Verunglimpfung des Logos zu erkennen glaubte, auf die er mit einer polemischen Schrift antwortete.

Die Werke des Polyhistors al-Ǧāḥiẓ (gest. 255/869) stellen eine fruchtbare Quelle für die theologischen Debatten um den Wundercharakter des Koran dar. Von al-Ǧāḥiẓ sind eine Reihe von literarischen Schriften erhalten, welche die theologischen Debatten im neunten Jahrhundert veranschaulichen. Diese sollen im Unterprojekt in einer Auswahl kritisch bearbeitet und in einen überkonfessionellen Zusammenhang mit den Werken von Theodor Abū Qurra gesetzt werden, um auf diese Weise die Prozessualität theologischer Wissenskonfigurationen in der frühislamischen Kultur zu ergründen.