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Anekdoten und die Wunder(Wissenschaft) der Natur

Unterprojekt von Matthias Grandl


Dieses Unterprojekt soll Texte der lateinischen Mirabilienliteratur/Paradoxographie und Poikilographie (Valerius Maximus, Aulus Gellius) systematisch auf ihren anekdotischen Gehalt hin untersuchen. Um repräsentative Erkenntnisse über die Textform Anekdote und deren Epistemologie zu erlangen, sollen auch genuin epistemische Werke wie die Naturgeschichten des Seneca und des Plinius vergleichend zurate gezogen werden. Mit der Bearbeitung dieses umfangreichen Textcorpus werden nicht nur die Konstellationen und Taxonomien der Wissensoikonomien überprüft, sondern auch die Folgen für negative Transfers verifiziert: Werden Anekdoten durch die Dynamiken des Transfers wesentlich verändert, oder gibt es einen resistenten Kern?
Zudem ermöglicht die Fülle der zu bearbeitenden Texte Angaben über die Geschwindigkeiten und zeitlichen Strukturen des in Anekdoten dokumentierbaren Wissenswandels. Der feststellbaren Vergangenheitsbindung der Anekdote steht ihre z. B. in den Wundererzählungen stark repräsentierte Zukunftsgeltung (Prodigien, Prophezeiungen) gegenüber. Auch die konkrete Position von Anekdoten in den Texten soll untersucht werden: Befinden sich Anekdoten eher am Beginn, Schluss oder gar (im) jenseits eines (Kon)Textes? Beleuchten Anekdoten aufgrund ihrer Punktualität signifikante Anfänge und Enden größerer Entwicklungen und markieren so „Momenta“ von Wissenswandel?