Springe direkt zu Inhalt

Zeichnung und Druckgrafik der Vormoderne zwischen Entwurf und Konkretion

(13410)

TypSeminar
Dozent/inDr. Britta Dümpelmann; Claudia Reufer
SemesterSommersemester 2022
Veranstaltungsumfang2 SWS
RaumA 125 Übungsraum (Koserstr. 20)
Beginn11.04.2022
Zeit

Do 12:00–14:00

Nicht nur im Werkprozess eignet der Zeichnung etwas Anfängliches. Aufgrund der Reduktion auf Linien wird im Medium der Zeichnung seit der Antike ein Ursprung, ein Anfang, etwas Unvollendetes gesehen. Zugleich stellen die auf einem Grund gezogenen Linien stets schon Konkretes vor Augen. In der italienischen Kunsttheorie wird die Zeichnung zum Medium der idea stilisiert und im Konzept des disegno aufgespalten in einen inwendigen Entwurfsprozess und dessen äußere, materielle Fixierung. Im komplexen Werkprozess der Druckgraphik, bei dem eine Zeichnung auf einen Holzstock oder eine Kupferplatte übertragen und dann geschnitten oder gestochen wird, um in der Presse auf Papier abgedruckt zu werden, steht die Zeichnung am Anfang – und zugleich am Ende, wenn Giorgio Vasari (1511-1574) das gedruckte Bild als disegno stampato bezeichnete. Weshalb wählte er nicht den Begriff stampa, also Druck, sondern die eigene Wortschöpfung gedruckte Zeichnung? Welche verbindenden Elemente und je gemeinsamen Gestaltungsprinzipien, aber auch welche Unterschiede lassen sich zwischen Zeichnung und Druckgrafik benennen? Welche Implikationen sind etwa mit einer Signaturpraxis in der Druckgrafik verbunden, die nicht nur grundsätzlich zwischen dem Entwurf (invenit) und der Ausführung (fecit) unterscheiden, sondern die verschiedenen Arbeitsschritte differenzierter ins Verhältnis setzen kann, etwa durch Bezeichnungen wie delineavit (zeichnete), figuravit (erdachte) und sculpsit/incisit (schnitzte/schnitt) oder auch excudit (verlegte)? Im Seminar sollen ästhetische und phänomenologische Aspekte (z.T. vor Originalen im Kupferstichkabinett) in den Blick genommen und diese mit Begriffsbildungen (und deren Implikationen) in der Kunsttheorie abgeglichen werden. So ist das Konzept des disegno, das einen disegno interno von einem disegno esterno unterscheidet, kritisch zu hinterfragen. Inwiefern handelt es sich bei der Idee bzw. der Erfindung tatsächlich um eine rein geistige, immaterielle Sache, die in einem zweiten Schritt lediglich materialisiert wird? Oder ist sie vielmehr an Materialien, Techniken und Verfahrensweisen, an deren Möglichkeiten und Grenzen gebunden?